Neuartiges Beschichtungssystem für Schiffe

Die Rumpfbeschichtungen für Schiffe sind umweltschädlich, bestehen sie doch regelmäßig aus Schwermetallen, Epoxidharz, Polyurethan, Silikon, Kupfer, Zink oder anderen Materialien und Zusätzen. In der Studie „Schiffsanstriche als Quelle für Mikroplastik bislang unterschätzt“, wiesen Wissenschaftler der Universität Oldenburg im Februar 2023 nach, dass Schiffsbeschichtungen eine bedeutende Quelle für Mikroplastik im Ozean sind. Andererseits würden sich ohne diese Beschichtungen sehr viel schneller und sehr viel größere Mengen Meeresorganismen an die Schiffsrümpfe anlegen. Derartige Anhaftungen erhöhen jedoch den Fahrtwiderstand des Schiffes, damit den Treibstoffverbrauch, die Lärmbelästigung und die Umweltbelastung. Außerdem beeinträchtigen Anhaftungen von Organismen wie Muscheln und Seepocken die Strömung des Wassers um das Schiff herum und behindern die Manövrierfähigkeit.

Deshalb wird schon lange an neuen Beschichtungssystemen gearbeitet, die effektiver, aber auch umweltschonender sind.

Das Unternehmen besteht aus den CO-Founders Dr. Christina Linke, CEO und Geschäftsführerin und Patricia Griem, CTO und Geschäftsführerin mit dem Pokal der Science4Life Konzeptprämierung

Die „Clean Ocean Coatings“ GmbH bietet ein Rumpfbeschichtungssystem für Schiffe an, welches keinen Mikroplastikabrieb wie herkömmliche Beschichtungen mehr aufweist. Das Nanokomposit ‘Ecoating‘ besteht aus einer Kombination aus stabilisierenden Nanopartikeln, die mit einer Polymermatrix fest verbunden sind, so dass keine Ablösung, Freisetzung oder gar Desorption von Partikeln stattfindet. Durch die Kombination von Keramik und Polymeren erreichen die Oberflächentechniker eine hydrophobe Oberfläche, die leicht zu reinigen und bis zu zwei Jahren haltbarer ist als herkömmliche Schiffsbeschichtungen. Damit hält sie insgesamt dreimal länger. Die Beschichtung ist so stabil, dass nur die Hälfte der *Lackschichten aufgetragen werden müssen, als dies bei herkömmlichen Beschichtungen der Fall ist. Außerdem verringert die Beschichtung den Schiffswiderstand.

Durch diese Faktoren reduzieren sich sowohl die Dauer als auch die Häufigkeit von Wartungs- und Reparaturzeiten im Trockendock, durch die hydrophobe Oberfläche erreichen die Schiffe eine Verringerung des Treibstoffbedarfs und die längeren Betriebszeiten ermöglichen eine höhere Transportauslastung. Alles in allem eine äußerst effektive Art die Betriebskosten zu senken und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen – wenn der Preis der Beschichtung stimmt.

Aufgrund der Zusammensetzung des Coatings ist ein Recycling der Biomasse nach dem Reinigungsvorgang des Schiffsrumpfes möglich. Dabei muss in Betracht gezogen werden, dass aktuell über 90.000 Schiffe; Fähren, Kreuzfahrt- und Cargoschiffe die Weltmeere befahren. Allein die Kreuzfahrtindustrie hat dauerhaft 400 Schiffe auf Fahrt. Eine effektive Beschichtung weist also ein hohes Einsparpotenzial für Eigner und Reedereien auf. Die Polyramik© wurde bei der Phi-Stone AG entwickelt. Begleitet wird das Unternehmen seit Jahren von der Reederei Braren. In ihrer Referenz schreibt sie: „Seit sieben Jahren begleiten wir aktiv den Feldversuch von „Clean Ocean Coatings“ und sind positiv überrascht von deren innovativem Anti-Fouling, welches völlig biozidfrei einen tadellosen und vor allem bewuchsfreien Schiffsrumpf vorweist.“ Die Reederei Braren wurde 1990 gegründet und hält eine Flotte von acht eigenen Mehrzweckfrachtern.

Science4Life Konzeptprämierung,Pokal, von 2023 – der Preis wurde allerdings 2021 vergeben. Quelle: ©Science4Life

Die Idee für eine neuartige Beschichtung entstand an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Zusammenarbeit mit der Phi-Stone AG. Dort sind Materialwissenschaftler auf den maritimen Kontext gestoßen und es entstand der Ansatz, Antifouling neu zu denken. Die Beschichtung (Vormodell) wurde in folgenden Projekten gefördert:

 

 

.
– „Rotorblattbeschichtung für Offshore Windkraftanlagen“ (16KN015421, 2012-2014)

– „NanoMarin – Nano-WWZ – Mechanik der Wasserwechselzone“ (16KN0154431, 2014-2015)

– „Cleaner Ocean Coatings – Entwicklung eines biozidfreien Antifouling-Beschichtungssystems für Seeschiffe sowie einer intelligenten und teilautomatisierten Applikationstechnik“ (16KN021267, 2017-2019)

Daraus gingen drei Testflächen auf Frachtgutschiffen der Reederei Rörd Braren und drei Testflächen mit dem Vormodell beschichtete Privatboote hervor.

Schiffe auf der Afrika-Route zeigen prinzipiell einen hohen Bewuchsdruck. Das heißt, dass die Schiffsrümpfe sehr schnell mit biologischen Organismen wie Algen, Muscheln und Seepocken behaftet werden. Die Testflächen auf solchen Schiffen zeigten nun, dass die neue Beschichtung mindestens siebeneinhalb Jahre hält. Aufgrund des Zustands der Testflächen sind wir überzeugt, eine zehnjährige Haltbarkeit zu erreichen.

Da das Unternehmensziel der Phi-Stone AG der Wissenschafts- und Technologietransfer ist, wurde die Clean Ocean Coatings GmbH bewusst ausgegründet. die Clean Ocean Coatings GmbH hat freedom to operate und bezieht das nanostrukturierte Partikel von der Phi-Stone AG.

„Freedom to operate“ bedeutet, dass ein Unternehmen Handlungsfreiheit darin erhält, ein bestimmtes Produkt oder Verfahren zu entwickeln, herzustellen, zu verkaufen oder zu nutzen, ohne die Rechte anderer geistiger Eigentümer zu verletzen. Dabei wird eine FTO-Analyse durchgeführt, um sicherzustellen, dass ein Unternehmen keine Schutzrechte verletzt. FTO-Analysen sind für Start-ups extrem wichtig, um sicherzustellen, dass keine Rechtsstreitigkeiten und Verletzungen von geistigem Eigentum eintreten können, wenn sie ein Produkt oder Verfahren auf den Markt bringen.

Für Polyramik© erhielt das Team der „Clean Ocean Coatings“ um Dr. Christina Linke 2021 den „Science4Life Venture Cup“. Dabei handelt es sich um einen „Gründerinitiativ- und Businessplan-Wettbewerb“, der mit insgesamt 60.000 € dotiert ist.


*Es gibt keine feste Regel oder maximale Anzahl von Lackschichten für Schiffsrümpfe, da deren Anzahl von der Schiffsgröße, dem Zweck der Beschichtung und den verwendeten Materialien abhängt. Beschichtungen können aus einer oder mehreren Schichten bestehen, wenn eine hohe Abriebfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit benötigt wird.

.
Über Clean Ocean Coatings
Das Unternehmen besteht aus den CO-Founders Dr. Christina Linke, CEO und Geschäftsführerin und Patricia Griem, CTO und Geschäftsführerin

Dr. Christina Linke hat ihren Dr.-Ing. der Lebensmitteltechnologie 2017 an der TU Berlin in Kooperation mit der Symrise AG abgeschlossen. Sie hat sieben Jahre Erfahrung im In- und Ausland in einem internationalen Großkonzern in der Produktentwicklung. Außerdem war sie 2018-19 Assistenz der Geschäftsführung im Cradle to Cradle e.V., der sich für Kreislaufwirtschaft einsetzt. Neben der Finanzadministration gehörten dort auch Fördergeldakquise, Stakeholderbetreuung und Eventorganisation zu ihren Aufgaben.
Sie ist zuständig für Strategie, Vision, Kommunikation, Finanzierung und Administration.

Patricia Griem hat ihren Bachelor (Ing B.Sc.) in Chemie- und Umwelttechnik an der FH Lübeck 2013 abgeschlossen mit einer Abschlussarbeit bei der Fraunhofer Einrichtung für Marine Biotechnologie. Nebenberuflich hat sie 2020 das Masterstudium Materials Science and Engineering an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel abgeschlossen. Die Kernkompetenz im zukünftigen Geschäftsbereich ist ihre siebenjährige Berufserfahrung in der Entwicklung maritimer Beschichtungen bei der heutigen Phi-Stone AG. Ihr Arbeitsschwerpunkt lag dort im Bereich der Polymerentwicklung und -modifikation, sowie deren mechanischer Charakterisierung. Sie ist zuständig für Produktentwicklung, Sicherheit und IT.

Hertha-Margarethe Kerz 

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.